Menschendämmerung und Auferstehung der Menschheit - eine Rezension von Paul Zachos

Aus einer Wahrnehmung von nur 3 Sinnen oder 3 Elementen könnte niemand einen vierten oder fünften, ein viertes oder fünftes ableiten.

William Blake, Es gibt keine Naturbedingte Religion


Es muss in der Tat ein außergewöhnliches Ereignis gewesen sein! Mitten in einer Welt, die angesichts zunehmender Krisen ihren Halt verloren hat, trafen sich im Dezember 2019 die Globale Schule für Geisteswissenschaft und das Global Event College in Schweden mit dem Ziel, die anthroposophische Geisteswissenschaft zeitgemäß zu erneuern. Aus diesem Treffen ist dieses Buch mit fünf Vorträgen hervorgegangen. Es nimmt uns mit auf eine Reise durch und aus den Verheerungen der gegenwärtigen Zivilisation hin zur Schaffung neuer Grundlagen für die menschliche Gemeinschaft. Die Vorträge werden von einem bemerkenswerten Nachwort des Autors gekrönt, das den Weg Christi vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart nachzeichnet.


Da unser gewöhnliches Bewusstsein nur einen Bruchteil der Realität umfasst, ist es üblich geworden, über die Möglichkeiten zur Entfaltung des vollen Potenzials des Menschen zu theoretisieren. Fast zwangsläufig dreht sich die Diskussion darum, ungenutzte Teile des Gehirns freizuschalten. Ein solcher Ansatz hat seine Vorzüge, lenkt aber leider von einem wichtigeren Zugangspunkt für die Verwirklichung des menschlichen Potenzials ab. Dieser besteht darin, dass nur ein Teil dessen, was der menschlichen Erfahrung zur Verfügung steht, durch unsere gewöhnlichen, gehirngebundenen Sinne zugänglich ist.


Es ist das Zeichen eines wahrhaft offenen Geistes, in Erwägung ziehen zu können, dass neben Pflanzen, Tieren, unbelebter Materie und Menschen auch Wesen unterschiedlicher Intelligenz im Bereich des Übersinnlichen existieren und tätig sein könnten. Wenn wir uns für die Möglichkeit breiterer Betrachtungsfelder öffnen, kann eine transformative Frage auftauchen: Können übersinnliche Realitäten in unser Wahrnehmungsfeld eintreten, um ein Objekt der Untersuchung zu werden? Das Problem wird dann zu einer empirischen Frage und nicht zu einer Frage der Ideologie oder des Glaubens. Diese Frage definiert das Feld, auf dem Yeshayahu Ben-Aharon seit vielen Jahrzehnten forscht. Indem er die von Rudolf Steiner vor mehr als einem Jahrhundert vorgestellten Techniken als Grundlage für eine wissenschaftliche Herangehensweise an übersinnliche Erfahrungen erweitert, präsentiert Menschendämmerung und Auferstehung der Menschheit forschungsbasierte Berichte über das, was seit Steiners Tod im Jahr 1925 geschehen ist und was wir in der nahen und fernen Zukunft erwarten können.


In diesen Berichten spricht Ben-Aharon unverblümt über übersinnliche Wesen, nicht aus der Theorie oder Spekulation, nicht aus religiösen Texten oder traditionellem Wissen, sondern aus persönlicher Erfahrung und jahrzehntelanger direkter übersinnlicher Forschung. Daraus liefert er uns eine imaginative Schilderung nicht nur des menschlichen Potenzials, sondern auch der Gefahren, die unserer gegenwärtigen Situation zugrunde liegen.


Wenn wir anfangen, die Anwesenheit von übersinnlichen Wesen zu betrachten, stellen wir fest, wie sich in der Geschichte gezeigt hat, fest, dass nicht alle diese Wesen ein Interesse daran haben, das Wohlergehen der Menschheit zu fördern. Ben-Aharon spricht ausgiebig von zwei, die dem Wohl der Menschheit verschrieben sind. Es sind Michael, eine zentrale Figur in der jüdisch-christlichen spirituellen Erfahrung, und Widar, von dem wir in den Geschichten der nordischen Götterdämmerung erfahren. Auch Wesen, deren Absichten dem Wohl der Menschheit zuwiderlaufen, tauchen in diesem Buch auf. Im Zentrum von Ben-Aharons Forschungen stehen jedoch Offenbarungen Christi, die er als junger Mann zu erhalten begann, Offenbarungen, deren Aufklärung und Aktualisierung zu seinem lebenslangen Bestreben geworden sind. Die daraus resultierende Sichtweise sagt uns, dass das, was uns mit unseren gewöhnlichen Sinnen gegeben ist, nicht mehr ausreicht, um den evolutionären Scheideweg, an dem wir stehen, zu erfassen.


Wir lernen überraschenderweise, dass auf der Grundlage unserer gewöhnlichsten geistigen Aktivitäten – unserem Denken, Fühlen und Wollen – übersinnliche Wahrnehmungen entwickelt werden können. Aber wenn ich ehrlich und mutig mein gewöhnliches Bewusstsein durchsuche, was finde ich dann: einen sozialen Sinn, der von Angst getrieben ist, ein Denken, das automatisch und weitgehend außerhalb meiner Kontrolle arbeitet, ein Herz, das gefroren und leer ist, und Wünsche ungewissen Ursprungs, die als Reaktion auf persönliche und weltliche Ereignisse hierhin und dorthin drängen. Ben-Aharon sagt uns jedoch, dass gerade durch das Einbringen unserer modernen Fähigkeiten – klares Bewusstsein, Objektivität und Intentionalität, um diesen persönlichen Bedingungen zu begegnen – ein Weg gefunden wird, sich produktiv mit einer übersinnlichen Sphäre auseinanderzusetzen, die er als das Ätherische bezeichnet. Dort werden Hingabe und Mut von den Kräften, die nach der Verwirklichung des menschlichen Potenzials streben, empfangen und erwidert. Das ist es, wovon er in diesen Vorträgen als der Aktivierung des ätherischen Herzens spricht.


Wo aber kann in einem geschichtlichen Augenblick, in dem die ungezügelte Individualität ihren Höhepunkt zu erreichen scheint, ein Boden für die Bildung einer humanen Gemeinschaft gefunden werden? Der Autor beleuchtet die Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft, um die Herausforderungen zu veranschaulichen, denen selbst die edelsten Bemühungen um den Aufbau menschlicher Gemeinschaft auf spirituellen Prinzipien gegenüberstehen. Hier finden wir das gleiche Hindernis, das unsere Kultur im Allgemeinen in den Niedergang führt. Wir können nicht länger mit irgendeiner Initiative produktiv vorankommen, wenn wir die übersinnlichen Kräfte nicht kennen, die jede unserer Absichten und Handlungen lenken oder behindern. Wir müssen alle damit beginnen, über die übersinnliche Grenze hinweg zu arbeiten. In der Tat besteht für Ben-Aharon die Möglichkeit, über die Arbeit an unseren eigenen Lebens- und Bewusstseinskräften hinauszugehen und uns mit denen zu beschäftigen, die wir alle gemeinsam haben. Denjenigen, die bereits zur spirituellen Arbeit bereit sind, präsentiert Ben-Aharon die schockierende Einsicht, dass wir nicht länger erwarten können, ausschließlich auf der Grundlage von Segnungen zu arbeiten, die wir von höheren Mächten erhalten. Er betont nachdrücklich, dass wir genug Segnungen erhalten haben und dass die Menschheit mit der Erlangung der Fähigkeit zur Freiheit und Liebe einen kritischen Zeitpunkt erreicht hat, an dem von uns erwartet wird, dass wir aktiv an der Schöpfung mitwirken. Wir müssen unsere Selbstverliebtheit überwinden, unsere aufkeimende Reife anerkennen, sozusagen die Ärmel hochkrempeln und unseren erwarteten Beitrag zum Kosmos leisten.


Ben-Aharon sieht die Anthroposophie als das geeignete Gefäß für diesen Beitrag.


Paul Zachos, Direktor für Forschung und Evaluation bei der Association for the Cooperative Advancement of Science and Education (ACASE), Saratoga Springs, New York.


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